Es war 1996 im Urlaub auf der
schönsten Insel der Welt - Corsica!
Wie immer hatten meine damalige Freundin und ich reichlich Lesestoff für
die drei Wochen mitgenommen. An einem sonnigen, aber noch nicht allzu
warmen Morgen am Strand von Casabianca in der Nähe von Piana, schnappte
ich mir ein Buch, das mein Leben (zumindest für eine Zeit) verändern
sollte. Es hieß "Träumen allein genügt nicht - ein Stück Leben" von
Babara Rütting.
Ja, genau, Babara Rütting. Die Schauspielerin, die 1956 in der dritten
Verfilmung des gleichnamigen Romans von Wilhelmine von Hillern (geb.
Birch), die Hauptrolle in "Die Geier-Wally" spielte.
Das drei Jahre zuvor im Goldmann-Verlag erschienene Buch ist 380 Seiten
dick. Ich habe die letzten Worte abends um ca 19 Uhr gelesen...
"Wenn eine träumt, bleibt es ein Traum. - Wenn viele träumen, beginnt
der Traum Wirklichkeit zu werden...". Schöner hätte es selbst Rio Reiser
nicht in Worte fassen können...
In dem Buch beschreibt Barbara Rütting in Tagebuchform die Geschichte
einer Idee: Eine Ökosiedlung, in die sie viel Kraft, Zeit und auch Geld
investiert hatte, und das letztendlich doch zum Scheitern verurteilt
war. Warum und wieso erzählt die 1927-Geborene sehr ehrlich, humorvoll
und stets selbstkritisch.
(Aus dem Klappentext:) "Zu einem Zeitpunkt, da andere sich zur Ruhe
setzen, wollte Barbara Rütting ihren Traum verwirklichen: Die Gründung
einer Ökosiedlung, in der jung und alt zusammenleben - ohne jede
Ideologie, nur getragen von der gemeinsamen Idee, der Liebe und
Verantwortung für Mensch und Tier.
Sie schildert wie das Projekt aufgebaut wurde, gleichzeitig legt sie
Rechenschaft ab über das vorläufige Scheitern ihres langjährigen Traums.
Offenbar war die Zeit noch nicht reif für die Verwirklichung dieser
neuen Lebensform. Geblieben ist die Vision, die als Denkanstoß für alle
dienen mag, denen bewusstere und ganzheitlichere Formen des
Zusammenlebens am Herzen lieg".
Der erste Eintrag in diesem "Tagebuch", trägt das Datum vom 9. April
1989. Zuvor gibt es als Einstieg folgenden Text:
Hätte mir nicht irgendjemand eines Tages einen Bericht über diese
Lehrerin geschickt, die Tausende von Hunden vor dem Labor gerettet hat
und in ihrem Haus im Fränkischen etwa fünfzig davon ständig
beherbergt...
Hätte ich diese Frau daraufhin nicht sofort angerufen und gefragt, ob
ich ihr irgendwie helfen könne...
Hätte ich mich dann nicht mit ihr in einem kleinen Ort irgendwo in
Italien getroffen...
Wäre ich nicht zu ihr in das klapprige Tierrettungsauto gestiegen, um
wiederum eine andere Tierschützerin zu besuchen, nämlich eine gelähmte,
über 80-jährige Gräfin, die in Assisi mit nahezu hundert Hunden ine
einem zerfallenen Bauernhaus vergetierte...
Und wäre ich stattdessen, wie geplant, mit meinem damaligen
Lebensgefährten nach Verone gefahren, um die Festspiele zu besuchen,
schick essen zu gehen und mir hübsche Klamotten zu kaufen...
Hätte das Projekt Doppendorf nie stattgefunden."
Barbara Rütting schildert, wie die ersten Menschen unterschiedlichster
Art einzogen, alte Tiere ankamen, die dort eine Art Gnadenhof bekamen,
aber auch von Hühner und deren Eiern, sowie von Kühen, Schafen, Ziegen
und deren Milch.
Und sie schreibt auf, was es zu essen gab. Ich habe sie nicht gezählt,
aber es dürften gut 80 Rezepte sein, die erwähnt und beschrieben werden.
Immer wieder kommt das Thema "Massentierhaltung" vor und gleichzeitig
erzählt sie von dem harmonsischen Zusammenleben von Menschen und Tieren
in der Ökosiedlung. Es gibt viel Harmonie, viel Streitereien, noch mehr
blödsinnige Animositäten unter Paaren udn natürlich reichlich
"Esotherik".
Natürlich zog dieses Projekt auch "Hippies", "Wunderheiler" oder
"Baumheiler" an, doch genau wie alle kranken oder gesunden Tiere, wurden
auch diese aufgenommen.
Nun kommen wir wieder zum Anfang - also den Urlaub auf Corsica -
zurück...:
Meine Freundin hatte das Buch tagszuvor ebenfalls in einem Stück
durchgelesen und nachdem ich meine Lektüre beendet hatte, sind wir
abends zum Strandrestaurant "Casabianca" (immer super Küche dort!)
gegangen. Essen bestellt. Sie ihre heißgeliebten gegrillten Lammkotletts
und ich Geschnetzeltes von Lamm und Rind in Sahnesauce. Das hatten wir
in den letzen Jahren dort schön desöfteren gegessen. Doch andiesem Abend
legten wir beiden irgendwann das Besteck beiseite. Dann schauten wir uns
an an und sagten im selben Moment: "Fleisch ess ich nicht mehr!".
Mehr als vier Jahre habe ich danach kein Fleisch, keine Wurst oder so
gegessen. Wohl aber Fisch. Denn als echter "Norddeutscher Fischkopp"
kann ich auf Hering, Makrele, Heilbutt, Dorade oder Wolfsbarsch dann
doch nicht verzichten... ;-))
Der letzte Eintrag des Tagebuchs hat das Datum vom 20. September 1992.
Über drei Jahre exestierte die "Operation Doppendorf". Am Ende hat aber
nur der kleine Nussbaum überlebt ;-))
Warum der Nussbaum überlebt, liest du am besten selbst nach...
Barbara Rütting: "Träumen allein genügt nicht - Ein Stück Leben"
Goldmann Verlag
ISBN: 3-442-12630-4
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